Bücher - für Sie gelesen

„Yoga“ von Emmanuel Carrère

Wer wie ich zuerst meint, hier geht es um Yoga, bekommt nur im ersten Drittel des Buches Recht. Oder vielleicht ist das ganze Leben Yoga? Yoga heißt zwei Gegenpole unter ein Joch spannen, vereinigen.
Der Autor reist in ein Yoga Retreat, das er abbricht, als beim Attentat auf das Büro von Charlie Hebdo sein Freund Bernard Maris getötet wird und er die Grabrede halten soll.
Er findet sich im zweiten Teil des Buches mit der Diagnose Bipolare Störung in der Psychiatrie wieder: „Man denkt etwas und gleichzeitig sein Gegenteil [….] das Schlimmste ist, dass man sich selbst nicht trauen kann, denn man ist zwei Menschen in einem, und beide sind einander feind.
Im letzten Drittel des Buches kümmert sich Carrère um junge Gefüchtete auf der Insel Leros.
Schonungslos offen beschreibt der Autor sein Innerstes in einer mitreißenden Sprache, die flüssig zu lesen ist.
Große Literatur, grandios übersetzt von Claudia Hamm.
Zum Verständnis des Buches ist vielleicht nicht unwichtig zu erwähnen, dass Emmanuel Carrère und seine Frau sich während der Entstehung zu diesem Buch (es sollte ursprünglich ein kleines Büchlein über Yoga werden) getrennt haben – dabei bestand die Exfrau darauf, im Buch keinesfalls vorkommen zu dürfen.
Carrère, Emmanuel :   Yoga.  
Übersetzung:Hamm, Claudia.   2022   341 S.   
978-3-7518-0058-7    
GEB   25,70 EUR